Gründung einer Selbsthilfegruppe für Eltern von AD(H)S-Kindern
Letzte Woche war es wieder soweit. Mein Sohn und ich waren mit einer Freundin und deren Tochter verabredet. Doch dann Planänderung, weil das Restaurant einer bekannten Fastfoodkette ausgerechnet heute geschlossen blieb. Ab diesem Moment war klar – der Tag würde in einem Desaster enden. Statt gleich an dieser Stelle abzubrechen und nach Hause zu fahren, redete ich mit Engelszungen auf meinen Sohn ein und versuchte ihm klarzumachen, dass wir einfach die paar Kilometer auf uns nehmen und in die Filiale der Nachbarstadt aufbrechen würden. Kein Problem – geht mein Sohn doch immerhin bereits in die Grundschule und hat die Trotzphase schon lange hinter sich gelassen. Möchte man meinen und dennoch erwachsen aus derartigen Situationen bei uns ständig Schwierigkeiten, denn mein Sohn hat ADHS.
Planänderungen, Menschenansammlungen, verschiedene Reize führen regelmäßig zu Ausrastern und bringen mich zunehmend dazu, die Öffentlichkeit aus Scham zu meiden. ADHS, die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung. Die Diagnose und die Tabletten bekommt man relativ problemlos vom Arzt, aber im Alltag bin ich allein. So auch jetzt, da mein Sohn vor lauter Frust, dass er der Verkäuferin nicht exakt erklären kann, welchen Burger er ohne Gurken möchte, im Restaurant wütet. Er schreit seinen Unmut gerade heraus, beleidigt andere Gäste und ist mehr unter als am Tisch anzutreffen… und alles nur wegen einer fehlenden Käsescheibe!
ADHS führt zu Isolation, da das Verständnis von Freunden und selbst der eigenen Familie zu wünschen übriglässt. Stattdessen gibt es ungefragt gutgemeinte Erziehungstipps. „Du musst Grenzen setzen.“ Aber auch Ratschläge sind „Schläge“ und so ziehe ich mich voller Selbstzweifel zurück. Verhaltensauffälligkeiten in der Schule sorgen für permanenten Gesprächsstoff am heimischen Küchentisch und überschatten meine Ehe. Was machen wir nur falsch? Was ist an unserem Kind und mir nicht richtig?
In einer Selbsthilfegruppe soll Eltern von ADHS-Kindern die Möglichkeit eines Austauschs über das Leben mit einem betroffenem Kind und die entwickelten Alltagsstrategien ermöglicht werden. Zudem sollen die regelmäßigen Treffen dazu genutzt werden durch Vorträge von Ärzten und Therapeuten das Wissen über die Störung zu erweitern und Handlungsalternativen kennenzulernen.
Interessierte Eltern wenden sich bitte an die Leiterin des Sozial- und Gleichstellungsbüros Julia Schmatloch unter der Telefonnummer 03681 742812 oder schreiben eine E-Mail an julia.schmatloch@stadtsuhl.de.